Hätte Griechenland im Jahr 2010 jemals ein milliardenschweres Rettungspaket bekommen dürfen? Recherchen des „Wall Street Journal“ zeigen, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) intern tief gespalten war, ob die damals beschlossenen immensen Finanzhilfen der griechischen Wirtschaft überhaupt helfen würden.
Das IWF-Exekutivdirektorium beschloss das Finanzpaket für Griechenland am 9. Mai 2010. Aber die entsprechenden Beschlussakten – Unterlagen mit dem Vermerk „Geheim“ oder „Streng vertraulich“, die das „Wall Street Journal“ einsehen konnte – bieten einen seltenen Einblick in die internen Abläufe des IWF, die damals ein sich rasch ausweitendes Finanzdesaster vermeiden sollten.
Mehrere IWF-Vertreter sagten damals, die Rettungsaktion würde schiefgehen, wenn die Gläubiger Griechenland nicht gleichzeitig einen Teil seiner schwindelerregenden Schulden erlassen würden.
Direktoren aus Brasilien, Russland, Kanada und Australien – die zusammen 38 weitere Länder vertraten – sprachen laut Sitzungsprotokoll über die „immensen Risiken“ des Programms. Dieses könnte sich ihrer Ansicht nach als „verfehlt und letztlich nicht nachhaltig“ erweisen oder schlichtweg als „Rettung privater Eigentümer griechischer Staatsanleihen, vor allem europäischer Finanzinstitutionen“, warnte der brasilianische Exekutivdirektor beim IWF damals.
Den amerikanischen und den meisten europäischen Direktoren, die mehr als die Hälfte der Stimmrechte im IWF auf sich vereinten, gelang es damals aber, genügend Unterstützer für das Rettungsprogramm zu gewinnen.
Das Kreditprogramm verpflichtete die griechische Regierung zu strikten Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen. Eine Schuldenrestrukturierung – etwa über einen Schuldenerlass, über niedrigere Kreditzinsen oder eine Verlängerung des Tilgungszeitraums – war darin nicht vorgesehen. Das ersparte denen, die griechische Schulden hielten (und das waren hauptsächlich europäische Banken), die Verluste, die mit einer Restrukturierung einhergegangen wären.
„Die griechische Rettung war kein Programm für Griechenland, sondern für die Euro-Zone selbst“, sagt einer, der bei der IWF-Sitzung im Jahr 2010 dabei war, rückblickend. → Der ganze Artikel beim Wallstreet Journal
Die Einwände der IWF-Mitglieder:
Der schweizerische Exekutivdirektor Rene Weber: „Wir haben beträchtliche Zweifel an der Machbarkeit des Programms. … Wir haben Zweifel an den Wachstumsannahmen, die uns zu hoch erscheinen. Selbst eine kleine negative Abweichung von den Wachstumsprognosen würde das Schuldenniveau langfristig untragbar machen. Warum wurden eine Umschuldung und die Einbeziehung des Privatsektors im Rettungspaket bisher nicht in Betracht gezogen?“ → Fortsetzung