„Das Frühwarnsystem für falsche Wirtschaftspolitik funktioniert nicht. Die EU-Länder scheren sich kaum um die Hinweise der Kommission“ (FAZ 18. Juni 2014, S. 19)
Fakt ist
- Vor einem Jahr (also 2013) hatte die EU-Kommission den 28 EU-Staaten (also Euro-Friedens-Zone plus andere Währungen) insgesamt 141 Reformen empfohlen
- Davon sind per heute (Juni 2014) 12 „substantiell“ und 1 „voll“ umgesetzt worden, was zusammen 9,21% entspricht.
- 91% der Empfehlungen wurden also in den Wind geschlagen
- Immerhin wurde in mehreren Dutzend Fällen einiger oder begrenzter Fortschritt konstatiert, wobei die von der FAZ zitierten Zahlen auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen
- Musterknabe Deutschland hat 2 der 4 Kommissionsvorschläge – nämlich die Senkung der Lohnsteuern und Sozialabgaben sowie die Öffnung des Dienstleistungssektors – bislang nicht umgesetzt.
Wozu also eine koordinierte Wirtschaftspolitik, wenn sich doch keiner dran hält? „Der … „ursprünglich beabsichtigte Reformdialog der Staaten finde kaum noch statt. ‚Es ist wie früher: Keine Krähe hackt der anderen ein Auge aus‘, sagt ein EU-Beamter.“ (ebd.)
Das trifft auch bei einer anderen Sache auf, dem sogenannten Sparen. Dazu passt die Meldung vom gleichen Tage, wonach Wirtschaftsminister Gabriel vorschlug, Frankreich im Gegenzug zu Reformzusagen mehr Zeit zum Abbau seiner hohen öffentlichen Defizite gewähren solle. (FAZ, 18. Juni 2014, S. 21). Immer stärker wird der Strom der Befürworter einer „Auflockerung“ der „Spardiktate“.
Indes, 17 der 28 EU-Staaten und mehr als die Hälfte der Euro-Staaten ein Defizit von über 3% des BIP aus:
„Im Jahr 2013 verzeichnete Luxemburg (+0,1%) einen öffentlichen Überschuss, Deutschland annährend ein
Gleichgewicht und Estland (-0,2%), Dänemark (-0,8%), Lettland (-1,0%) und Schweden (-1,1%) die niedrigsten
öffentlichen Defizite als Prozent des BIP. Zehn Mitgliedstaaten wiesen ein Defizit von mehr als 3% des BIP auf:
Slowenien (-14,7%), Griechenland (-12,7%), Irland (-7,2%), Spanien (-7,1%), das Vereinigte Königreich
(-5,8%), Zypern (-5,4%), Kroatien und Portugal (je -4,9%), Frankreich und Polen (je -4,3%).“ Der öffentliche Schuldenstand in der Eurozone stieg 2013 um knapp 2 Prozentpunkte auf 92,6% des Eurozonen-BIP. (Quelle: Eurostat, http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_PUBLIC/2-23042014-AP/DE/2-23042014-AP-DE.PDF).
Wenn man sich die Zahlen der von mir fett markierten Krisenländer so ansieht, dann kann von „Kaputtsparen“ keine Rede sein. Warum nur ist die Krise in diesen Ländern immer noch so stark, warum nur die (Jugend)-Arbeitslosigkeit so hoch? Offenbar wird uns da wieder was weisgemacht, dass nämlich (noch!) mehr Defizite, (noch!) mehr Schulden, jetzt endlich die Probleme lösen.
Pustekuchen. Ohne Reformen, Ideen, Innovationen usw. wird es nichts. Auch das billige Zentralbankgeld wird nicht helfen. Auch nicht, wenn die längst gängige Praxis, die 3% des Maastricht- und Lissabon-Vertrages zu ignorieren, in geltendes Recht umgewandelt wird – siehe Gabriel. Genauso könnte man Wohnungseinbrüche legalisieren, weil sie mittlerweile ja so häufig vorkommen.
P.S.:
Insbesondere auch: Ohne Abwertung wird es nichts.