In der vorangegangenen Ausgabe von „Entschuldung von Banken und Staaten“ hatte ich darauf hingewiesen, dass der von der EZB zur Wiederbelebung der europäischen Wirtschaft eingestellte niedrige Leitzins, zu geringer Guthabenverzinsung und in Verbindung mit der Inflationsrate zu finanzieller Repression, also einem Abschmelzen unserer Ersparnisse führt. In dieser Ausgabe möchte ich den Aspekt der Inflation beleuchten, welcher neben der Zinspolitik der EZB die Vernichtung unserer Ersparnisse gleichermaßen beeinflusst.
Ende Januar berichtete die Europäische Zentralbank von einer derzeitigen Teuerungsrate von 0,7 % im Euroraum. Damit klingelten bereits die Alarmglocken bei den Währungshütern, wollen sie uns doch vor einem deflationären Schock durch anhaltend sinkende Preise bewahren. Obwohl dieser Schock akut nicht besteht, befürchtet der Präsident der Europäischen Zentralbank, Herr Draghi, aber bereits eine anhaltend zu niedrige Inflationsrate, die bekämpft werden muss. Aus diesem Grund sieht der Notenbanker Handlungsbedarf um die Teuerungsrate in Richtung 2 % zu korrigieren. Mit dieser Aussage untermauert er aber nichts anderes, als die Fortführung der gleichen Politik, die ohnehin schon von der EZB seit geraumer Zeit betrieben wird. Die EZB vergibt billigst Kredite und kauft entgegen ihres währungspolitischen Auftrags Anleihen maroder Staaten auf. Anfang März erhielt die Europäische Zentralbank sogar noch eine Aufforderung zur Handlung durch die IWF-Chefin Christiane Lagarde, die die Fortführung – wenn nicht sogar weitere Senkung – des Leitzinses nach unten in Erwägung zog.
Aber wie sieht es mit der Inflationsrate in Deutschland aus?
Laut Handelsblatt schwankte die Inflation in Deutschland während der ersten drei Monate diesen Jahres zwischen 1,0% und 1,3%. Im Vergleich zur Inflation im Euroraum ist hier schon ein Unterschied festzustellen. Ja, grundsätzlich ist ein Unterschied auszumachen, denn Inflationsraten werden eben regional ermittelt. Welche Aussagekraft hat denn dann eine über alle Euro-Staaten hinweg gerechnete Inflationsrate von 0,7 %?
Richtig, gar keine!
Denn die regionalen und lokalen Probleme der Krisenländer sind unterschiedlich und bedürfen daher auch unterschiedlicher Lösungsansätze. Nur diese kann eine Zentralbank, eine EZB, mit einer einheitlichen Politik nicht liefern. Politische sowie wirtschaftliche Lösungsansätze in Bezug auf Geld und Währungspolitik aus einer Hand sind somit unmöglich.
Denn in der Frage der Inflation orientiert man sich in hohem Maße an den Kosten und Preisen in seiner eigenen Region, seinem Einzugsgebiet. Was interessieren einen da Durchschnittswerte?
Der von der EZB ausgewiesene Inflationswert gleicht der durchschnittlichen Fieberkurve von Patienten in einem Krankenhaus nach der Chefarztvisite. Dort werden am frühen Morgen 3 Patienten mit hohem Fieber von über 40 Grad gemeldet während es zwei weiteren mit 37,5 Grad sehr gut geht. Zwei weitere sind verstorben, der eine soeben mit 43 Grad Fieber und der andere gestern Abend mit einer derzeitigen Körpertemperatur von 25 Grad. Flux rechnet die Krankenschwester den Mittelwert von 37,5 Grad aus, und meldet diesen dem Chefarzt. Passt!
Die Aussagekraft einer Inflation von 0,7% im gesamten Euro-Gebiet ist also sehr stark eingeschränkt, ja verzerrt sogar die Realität. Streng genommen müsste jeder Marktteilnehmer anhand der von ihm gekauften Produkte und Dienstleistungen eine eigene Statistik erstellen um seine eigene persönliche Inflationsrate zu berechnen. Aber wer macht das schon?
Fakt ist, die EZB macht uns Angst vor Deflation, die es zu bekämpfen gilt. Daher sollten wir uns langsam auf eine steigende Inflationsrate im Euro-Raum einstellen, die lokal betrachtet, längst wesentlich höher ist als offiziell zugegeben wird. Guthaben werden dann noch mehr entwertet werden. Aber das Schöne für den Staat ist, dass eben auch seine Staats-Schulden zum Nominalwert zurückgezahlt werden können. Die geplante Entschuldung ist angelaufen!