Im Oktober 2013 wurde ein Kreissprecher dabei erwischt, wie er ein manipuliertes Protokoll in Umlauf brachte. Er hatte das Protokoll bereits vor der Mitgliederversammlung auf dem PC eines Familienmitgliedes geschrieben, was man an den Datei-Informationen erkennen kann. In den Dateiinformationen kann man sehen, wann das Protokoll ausgedruckt wurde.
Mit diesem mehrseitigen Ausdruck machte sich der stellvertrende Sprecher auf die Suche nach einem „Protokollführer“. Er überredete ein Nicht-Parteimitglied, das Protokoll zu „schreiben“. Das Nicht-Mitglied bekam das Protokoll auch als Datei zugeschickt, exakt einen Tag vor der Mitgliederversammlung. Das Nicht-Mitglied wunderte sich, dass schon so viel darin stand. Der stellvertretende Sprecher sagte, das habe seine Richtigkeit. Es handele sich um einen Vorstandsbeschluss.
Das Nicht-Mitglied saß also mit dem fertigen Protokoll auf dem „außerordentlichen Stadtparteitag“ (für dessen Außerordentlichkeit es keinerlei Begründung gab*) und sollte noch die Abstimmungsergebnisse eintragen. Wenn in dem Protokoll nicht einige Namen stehen würden. wüßte heute kein Mensch, wer an dem „außerordentlichen Stadtparteitag“ überhaupt teilgenommen hat. Eine Teilnehmerliste fehlt nämlich, es werden lediglich Gäste genannt (darunter der heutige Landessprecher des betreffenden Parteiverbands, der ehemalige Sprecher des Nachbarkreises sowie dessen Lebensgefährtin).
Aus dem Kreisverband saßen nach unseren Recherchen nur die drei Vorstandsmitglieder am Tisch: der aus der CDU stammende Kreissprecher, sein Stellvertreter und der Schatzmeister. Alle übrigen 4 Parteimitglieder gehörten zum Nachbarkreis. Der im Protokoll nicht namentlich genannte Versammlungsleiter hat trotzdem die Beschlussfähigkeit festgestellt.
Das Protokoll weist bei einer Abstimmung über den Haushalt 6 Ja-Stimmen auf. Merkwürdig. Stellen wir uns einfach einmal vor, alle 7 Parteimitglieder seien abstimmungsberechtigt gewesen. Kann es bei der Anwesenheit von 3 Vorständen und 4 einfachen Mitgliedern zu einem Abstimmungsergebnis mit 6 Ja-Stimmen kommen?
Nun müssen wir rechnen. Das Parteiengesetz schreibt vor, dass sich der Vorstand zu einem Fünftel der anwesenden Mitglieder an den Abstimmungen beteiligen darf. Wie viele Mitglieder müssen anwesend sein, damit ein aus drei Mitgliedern bestehender Vorstand mit alle Mann abstimmen darf?
Das ist eine schwierige Frage, die in dem betreffenden Kreisverband bisher nicht gelöst wurde, da aus sämtlichen uns vorliegenden Protokollen hervorgeht, dass der vorgeschriebene Proporz nicht eingehalten wurde.
Versuchen wir es: Welche Zahl ergibt durch 5 geteilt 3?
Richtig: 15 Mitglieder. Wenn insgesamt 15 abstimmungsberechtigte Mitglieder aus dem Kreisverband anwesend sind, dürfen alle 3 Vorstandsmitglieder mit abstimmen. Puh, das war schwierig. Jetzt müssen wir scharf überlegen: Wie viele der 3 Vorstandsmitglieder dürfen mit abstimmen, wenn insgesamt 7 Mitglieder anwesend sind (wir stellen uns ja vor, sie würden alle zu dem Kreisverband gehören und seien somit abstimmungsberechtigt)?
- Wenn 5 Mitglieder da sind, darf einer vom Vorstand mit abstimmen.
- Wenn 10 Mitglieder da sind, dürfen 2 vom Vorstand mit abstimmen.
- Wenn 15 Mitglieder da sind, dürfen alle 3 Vorstandsmitglieder abstimmen.
Puh, das ist wieder schwierig. 7 ist zwar größer als 5, aber kleiner als 10….
Okay, wenn ein Kreisverband mit 3 Vorständen und 4 einfachen Mitgliedern tagt, darf also nur 1 Vorstandsmitglied an den Abstimmungen teilnehmen. In diesem Fall lautet also die Rechnung: 4 einfache Mitglieder + 1 Vorstandsmitglied = maximal 5 Stimmen.
Bei 7 anwesenden Mitgliedern, von denen 3 Vorstandsmitglieder sind, ist es also unmöglich, auf 6 Ja-Stimmen zu kommen.
Wer darf denn abstimmen, wenn – wie im vorliegenden Fall – nur die 3 Vorstandsmitglieder anwesend sind und kein stimmberechtigtes Mitglied ihrer Einladung gefolgt ist? Richtig: niemand. Es ist keine Beschlussfähigkeit gegeben. Der Vorstand darf nicht seine eigenen Anträge in Abwesenheit von Mitgliedern beschließen.
An dem Protokoll fehlt die Teilnehmerliste. Der Vorstand sagte ein Nachreichen zu und kam seiner Dokumentationspflicht trotz mehrfacher Aufforderung nicht nach. Er täuscht also seit Monaten eine Beschlussfähigkeit vor, die nicht gegeben war. Was lässt sich hieraus für den Haushaltsbeschluss ableiten, mit dem sich der Vorstand auf dem „außerordentlichen Stadtparteitag“ Mittel des Kreisverbandes in Höhe von über 1400 Euro genehmigte?
Dem Schiedsgericht des betreffenden Bundeslandes war es zu anstrengend, sich mit dem offensichtlich manipulierten Protokoll, der Vortäuschung einer Beschlussfähigkeit und dem merkwürdig zustandegekommenen Haushaltsbeschluss zu beschäftigen. Es eröffnete zwar ein Verfahren, betrieb auch ein schriftliches Vorverfahren bis Mitte Dezember, erließ dann aber keine weiteren prozessleitenden Verfügungen. Eine Weiterleitung des Falls an das Bundesschiedsgericht war wegen dessen Überlastung nicht möglich, obwohl die Schiedsgerichtsordnung vorsieht, dass man bei Verfahren, die nach Ablauf von drei Monaten noch nicht entschieden sind, an das Bundesschiedsgericht gehen kann.
In der Fortsetzung lesen Sie demnächst, wie sich der Kreisvorstand gesetzeswidrig entlasten ließ – im Beisein des heutigen Landessprechers.
* Symptomatisch ist für den betreffenden Kreisverbandsvorstand, dass er mit absoluter Regelmäßigkeit Mitgliederversammlungen als „außerordentlich“ deklariert (3.8., 26.11., 15.3.). Ein beliebter Trick, um einfache Mitglieder daran zu hindern, eine außerordentliche Mitgliederversammlung zu beantragen. Denn diese dürfen laut Satzung nur alle drei Monate stattfinden.
so ähnlich lief es bei der gründung det federalvreseve bank ab. die gibt es heute noch. die resultate auch. was sind schon 1000 € wenn man nicht gerade bundespräsident ist. ein kleiner
1000 € rettungsschirm.
Ihre Juristerei ist falsch: Die Begrenzung der Stimmrechte von Vorstandsmitglieder gilt nur, wenn es sich um Vertreterversammlungen handelt – nicht bei Mitgliederversammlungen – und wenn die Vorstandsmitglieder grundsätzlich laut Satzung, also nicht durch Wahl zum Vertreter, stimmberechtigt sind. Bitte mehr Sorgfalt!
Diese Frage und die weiteren offenen Fragen hätte das betreffende Landesschiedsgericht ja klären können, was aber nicht geschehen ist. Wir haben zu diesem Fall zwei Juristen gefragt, die sich mit Vereinsrecht auskennen. Ergebnis: ein Vorstand kann sich nicht alleine einen Haushalt genehmigen. Außerdem waren nur 3 Stimmberechtigte anwesend, die offenbar ihre Stimmen doppelt gezählt haben. Oder können aus unerfindlichen Gründen kreisfremde Personen mit abstimmen?