Prof. Thomas Straubhaar hat in der WELT den Streit über die deutsche Exportstärke kommentiert:
Die deutsche Erfolgsgeschichte steht in krassem Gegensatz zu den meisten anderen Mitgliedsländern der Euro-Zone. Deren Arbeitsstückkosten sind gestiegen. In der Folge haben deutsche Firmen an Wettbewerbsfähigkeit hinzugewonnen. Weil die Abwertung nationaler Währungen innerhalb der Euro-Zone unmöglich ist, hat die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit die Marktanteile Deutschlands erhöht. (…)
Das Fehlen flexibler Wechselkurse ist eines der größten Probleme des Euro. Als es in Europa nationale Währungen gab, könnten leistungsschwächere Länder mithalten, indem sie ihre Währung abwerteten und somit weiterhin exportieren konnten. Die Zeiten sind mit dem Euro vorbei. Jetzt müssen diese Länder künstlich subventioniert werden. Ihre Wirtschaft erholt sich trotzdem nicht. Bernd Lucke (AfD) fordert daher die Einführung nationaler Währungen in den Südländern.
In Deutschland stieg das Risiko, einen Teil der Forderungen zu verlieren. Und für die anderen Euro-Staaten führten die hohen Verbindlichkeiten zu höheren Risikoprämien für neue Kredite. Dies setzte einen sich selbst erfüllenden Teufelskreis in Gang. Höhere Zinssätze erhöhten die Kosten und senkten die Wettbewerbsfähigkeit der Firmen in den ohnehin schwächeren Euro-Mitgliedsländern weiter. (…)
Das Risiko, Forderungen ans Ausland zu verlieren, liegt am Target-System der EZB. Andere Eurozonen-Länder können ungefragt, ungesichert, unlimitiert und zu einem miserablen Zinssatz bei der Deutschen Bundesbank anschreiben. Davon machen vor allem die Südländer wie Spanien, Italien und Griechenland in Höhe von mehreren Hundert Milliarden Euro rege Gebrauch. Prof. Sinn sagt daher, dass das Exportgeschäft durchaus auch ein Minus-Geschäft sei.
Entweder werden die Schwachen stärker oder die Starken schwächer. Die zweite Strategie wird in der ökonomischen Literatur als „der Kosten der Wettbewerber“ bezeichnet. Gemeint ist, dass der Laufschwache nicht besser werden will, sondern mit allerlei Tricks versucht, den überlegenen Konkurrenten Knüppel zwischen die Beine zu werfen, um so eine Chance zu haben, im Wettrennen mithalten zu können.
Ein anderes Wort dafür ist „Sozialismus“.
Das Problem dieses Konzeptes aber ist, dass eine Steigerung der deutschen Arbeitskosten – etwa durch höhere Löhne – den südeuropäischen Volkswirtschaften nicht wirklich helfen würde. Es könnte zwar zu einer Art Annäherung innerhalb der Euro-Zone führen. Jedoch ist die Euro-Zone nicht der richtige Maßstab. Der Benchmark ist der Weltmarkt. Europäische Länder kämpfen nicht um die Europameisterschaft. Sie müssen um den Weltpokal kämpfen – oder sie werden das Spiel verlieren und den Markt verlassen müssen. Daher ist nur die erste Option sinnvoll. Die schwächeren europäischen Volkswirtschaften müssen stärker werden. Sie müssen ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Um dieses Ziel zu erreichen, können sie sich ein Beispiel an der deutschen Entwicklung des letzten Jahrzehnts nehmen. (…)
Die Ausgangsposition war in Deutschland aber vor 10 Jahren besser als sie heute in den Südländern ist. Von daher ist es fraglich, ob solche Rezepte funktionieren.
Das ist eine große Herausforderung. Es braucht Zeit und den politischen Willen, um den harten Weg einzuschlagen – und nicht den leichten, der darin besteht, Deutschland um mehr finanzielle Unterstützung zu ersuchen oder sogar zu behaupten, dass deutsche Firmen und nicht die südeuropäischen sich ändern und ihre Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit verringern müssen.
Wieviel Zeit denn noch? Die Eurokrise dauert nun schon fünf Jahre…
Es lässt sich eindeutig empirisch belegen: Die deutsche Stärke beruht nicht auf der Einführung des Euro vor 14 Jahren. Auch ist die Schwäche vieler Mitgliedsstaaten nicht die Schuld Deutschlands. Die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit ist die Folge starrer Strukturen, gehobener Ansprüche und überzogener Erwartungen, die nicht durch Produktivität oder Arbeitskosten gedeckt sind. Die Medizin einer „Steigerung der Kosten der Wettbewerber“ führt in die Irre.
CDU-Kohl, der uns diese Währungsunion eingebrockt hat, hat dies alles gewußt! Die Schwachpunkte der Volkswirtschaften der Südländer sind lange bekannt.
Der ganze Artikel: Exportstärke : Deutschland zu schwächen ist der falsche Weg – DIE WELT