Hans-Werner Sinn befasst sich in einem ausführlichen Beitrag in der FAZ mit der Frage, wer von der Währungspolitik der EZB profitiert, wer die Verlierer sind und ob das Ganze überhaupt geltendem Recht entspricht. Zusammenfassend kann man sagen: Es profitieren die sechs Krisenländer (P-I-I-G-S-Z). Es verlieren die Deutschen. Die Währungspolitik der EZB ist nicht durch die EU-Verträge oder das Grundgesetz gedeckt. Sie erfolgt eigenmächtig, begünstigt eine bestimmte Klientel, ist nicht marktwirtschaftlich sondern planwirtschaftlich ausgerichtet – und zutiefst undemokratisch.
Die EZB ermöglicht es den Südländern, Geld aus dem Nichts (bei ihren Notenbanken eingereichte Schrottpapiere) zu drucken und dieses in Realwerte (Immobilien in Nordländern, deutsche Autos usw.) umzutauschen. Deutschland bleibt auf einem Riesenberg Forderungen sitzen, also einem rein virtuellen Auslandsvermögen, das nicht woanders investiert werden kann und lächerlich niedrig verzinst ist. Dieses kann man ohnehin abschreiben, da die Deutsche Bundesbank gar keine Möglichkeit hat, die Forderungen bei den Südländern einzutreiben. Wir verschenken also Immobilien und Exportartikel. Nebenbei nehmen die Regierungen der Südstaaten Geld über dieses System ein. Das Target-System begünstigt die Kapitalflucht aus den Südländern. Die Deutsche Bundesbank hat hierfür ungefragt als Kreditgeber gerade zu stehen.
Die EZB lenkt die normalen Kapitalflüsse um, hebelt damit die Martkwirtschaft aus und betreibt eine planwirtschaftliche Währungspolitik, bei der sie ehemals gesunde Finanzwirtschaftszweige im Norden der Eurozone zerstört. Insbesondere die deutsche Finanz- und Versicherungswirtschaft werden geschädigt.
Die EZB schenkt den Südländern die Früchte der Ersparnisse der Deutschen. Früher nannte man das Kommunismus. Über das Target-System und die Hilfspakete stehen die Südländer mittlerweile mit über einer Billiarde Euro in der Kreide.
Dieser ganze gigantische Target-Teil der „Euro-Rettung“ ist nicht demokratisch legitimiert. Es handelt sich um eine illegal zustande gekommene Staats- und Privatwirtschafts-Subventionierung auf Kosten der Deutschen. Die Risiken, die hierbei angehäuft wurden, übersteigen schon längst das Eigenkapital der EZB. Das ist der Grund, warum die EZB versucht, das Euro-System krampfhaft zu retten.
Prof. Sinn:
Summiert man die Staatspapierkäufe durch die Notenbanken der noch gesunden Länder des Euroraums mit den vom EZB-Rat verantworteten Target-Krediten zugunsten der sechs Krisenländer (Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien, Zypern) und zieht man Forderungen der Krisenländer aus einer leicht unterproportionalen Banknotenausgabe ab, kommt man auf einen Gesamtbetrag der Rettungskredite der EZB von 747 Milliarden Euro. Das ist etwa doppelt so viel wie alle schon gewährten fiskalischen und von den Parlamenten verantworteten Rettungskredite der Staatengemeinschaft zusammengenommen, die 385 Milliarden Euro betragen. (…)
Da die Target-Salden der Krisenländer schon einmal deutlich höher lagen als der heute noch vorhandene Rest von 681 Milliarden Euro, hat sich bei manchen Beobachtern das Gefühl der Entwarnung verbreitet. Sie haben sich aber vielleicht noch nicht klargemacht, dass die fiskalischen Rettungskredite der Staatengemeinschaft die Target-Salden der Krisenländer unmittelbar und in vollem Umfang tilgen und ersetzen. Das ist ein automatischer Vorgang, der aus der Natur des Target-Systems resultiert. Ohne die fiskalischen Rettungskredite der Staatengemeinschaft lägen die von den Krisenländern bezogenen Target-Kredite heute unter sonst gleichen Umständen nicht bei 681 Milliarden Euro, sondern bei 1066 Milliarden Euro.
Die Parlamente Europas stehen beim Aufbau der Rettungsarchitektur vor fast alternativlosen Entscheidungen, die schon vor Jahren vom EZB-Rat vorbereitet wurden, und wurden zu Erfüllungsgehilfen degradiert. Für mich stellt sich angesichts dieser Verhältnisse die Frage, ob die fiskalische Regionalpolitik, die hinter den verschlossenen Toren der EZB beschlossen wurde und für die es im amerikanischen Notenbanksystem keine Parallelen gibt, noch mit den Regeln der parlamentarischen Demokratie und der deutschen Verfassung vereinbar ist.
→ Zum Artikel von Hans-Werner Sinn: Wen schützt der Rettungsschirm der EZB? – Wirtschaftswissen – FAZ
Dort über 300 Leserkommentare. Zum Beispiel:
Wieso so umständlich Herr Sinn? Sprechen Sie es doch aus: Es ist der Ausverkauf Deutschlands, der hier in voller Blüte betrieben wird. Mit Unterstützung unserer heimischen „Volksvertreter“ wird die Illusion einer erfolgreichen Währung zwischen mittelalterlichen, kleptokratisch organisierten Agrarstaaten und wenigen industrialisierten Staaten im Norden des Kontinents versucht aufrecht zu erhalten. Alleine der Versuch, 24 Mio. deutschen Arbeitern eine dauerhafte Alimentation von ca. 200 Mio. südlichen „Freunden“ zuzumuten, ist Irrsinn in Reinstform und zum Scheitern verurteilt. Statt aber umgehend die Notbremse zu ziehen und das Währungsexperiment mitsamt dem antidemokratischen EU-Regime in den Orkus der Geschichte zu treten, wird weitergemacht bis zum bitteren, unausweichlichen Ende, weil eben nicht sein kann, was nicht sein darf.
Aber Achtung: Prof. Sinn verbreitet woanders abstruse Forderungen nach einer höheren Inflation in Deutschland! → Prof. Sinn für höhere Inflation und niedrigere Exporte