Ein Spiegel-Kommentar lobt Finanzminister Schäuble für etwas, was eine Selbstverständlichkeit sein sollte:
Aber so verdruckst der Minister sein Geständnis auch abgelegt hat, und so viele Fragen jetzt noch offen sind: Es bleibt doch ein Geständnis, und zwar rechtzeitig vor der Wahl. Damit straft Schäuble diejenigen Lügen, die deutschen Politikern inzwischen alles Schlechte zutrauen. Auch in der Politik gibt es offenbar noch Grenzen des Anstands. (…) Ohne ein Mindestmaß an Ehrlichkeit hingegen kommt Politik nicht aus.
Wie beruhigend… Dann fragt der Spiegel:
Existiert zur Durchwurstel-Doktrin der Bundesregierung in der Euro-Krise womöglich eine bessere Alternative?
Der Spiegel nennt Alternativen
Schließlich gibt es kaum einen Politikbereich, in dem sich die Konzepte der Parteien so stark unterscheiden wie in der Euro-Frage. Union und FDP hoffen, dass eine Mischung aus eisernem Sparkurs und Wachstum das Schuldenproblem irgendwann lösen wird – bislang mit dürftigem Erfolg. SPD und Grüne setzen – in unterschiedlichem Ausmaß – auf eine stärkere gemeinsame Haftung der Euro-Staaten für ihre Schulden. Die Alternative für Deutschland will den Euro-Ausstieg, und die Linkspartei fordert, dass künftig die Europäische Zentralbank den Schuldenstaaten das fehlende Geld leiht. Klare Alternativen also und ein wichtiges Thema: Nichts wird die Zukunft der Bundesrepublik in den kommenden vier Jahren so sehr beeinflussen wie die weitere Entwicklung in der Euro-Krise. Die Debatte ist eröffnet.
Eine Zeitung, die ihren Artikel mit „Endlich ehrlich“ überschreibt, sollte sich allerdings an die Maßstäbe halten, die sie an andere legt. Die AfD will nicht den Ausstieg aus dem Euro, sondern den Ausstieg aus der teuren Eurorettung. Rückkehr zum Recht statt milliardenfache Steuerverschwendung: keine Schuldenübernahme anderer Länder! Siehe Parteiprogramm zur Währungspolitik
Wenn das nicht machbar ist, dann sollten diejenigen Länder aus der Währungsunion aussteigen, die sich an die Kriterien nicht halten können oder wollen. Deutschland sollte auf jeden Fall die Hilfszahlungen einstellen, denn sie führen zu nichts außer zu immer neuen Schulden. Droht ein Kollaps des Eurosystems (womit ja mittlerweile aus Kreisen des Finanministeriums gerechnet wird), muss Deutschland unverzüglich die D-Mark als Parallelwährung oder alleinige Währung einführen.

BERND LUCKE zur Ankündigung von Finanzminister Schäuble:
1. Griechenland hat im Mai 2010 ein erstes Rettungspaket von 110 Mrd Euro erhalten (80 Mrd Euro durch bilaterale Kredite der Eurozone und 30 Mrd Euro vom IWF). Im FAZ-Gespräch am 24.7.10 kündigte Herr Schäuble an, dass die Rettungsschirme für Griechenland drei Jahre laufen. Danach sei Schluss. Auch Herrn Schäubles damalige Ankündigungen, er sehe eine gewisse Entspannung in Griechenland und die Defizitreduktion sei nicht wachstumsfeindlich, zeichnen ihn als wahren Fachmann aus. (Griechenlands Schuldenquote ist von damals 110% auf jetzt 170% gestiegen, obwohl zwischenzeitlich ein Schuldenschnitt von 100 Milliarden Euro stattgefunden hat. Das „Wachstum“ war durchgängig negativ und hat zum Verlust von einem Fünftel des Bruttoinlandsprodukts geführt.)
2. Im Juli 2011 beschloss die Euro-Gruppe ein zweites Griechenlandpaket in Höhe von 109 Mrd Euro (plus 50 Mrd Euro „freiwillige“ Privatgläubigerbeteiligung). EU-Ratspräsident van Rompuy erwartete, dass damit alle finanziellen Bedürfnisse Griechenlands bis 2014 abgedeckt seien (hier). Die Umsetzung dieses Pakets verzögerte sich aber und als der Bundestag im Februar 2012 darüber beschloss, hatte man das Volumen bereits auf 130 Mrd Euro erhöht (plus 100 Mrd Euro „freiwilliger“ Schuldenschnitt). Im November 2012 wurde das Paket erneut um 47 Mrd Euro auf nunmehr 177 Mrd Euro erhöht.
3. Seit langem sind sich alle Experten einig, dass Griechenland einen Schuldenschnitt braucht – nur die Bundesregierung leugnet dies hartnäckig (hier). Derzeit hat Griechenland einen Schuldenstand von 350 Mrd. Euro. Der Schuldendienst muss aus dem sog. Primärüberschuss geleistet werden, der jüngst auf 2,6 Mrd Euro beziffert wurde (hier). Während die Bundesregierung dies als einen Erfolg feierte, reicht der Primärüberschuss offenkundig noch nicht einmal aus, um Zinsen von auch nur 1% zu zahlen – von Tilgung ganz zu schweigen. Vielmehr liegt die sog. Schuldentragfähigkeit Griechenlands unter realistischen Annahmen bei deutlich unter 100 Mrd Euro, d. h. Griechenland ist eindeutig völlig überschuldet.
4. Heute verkündet Herr Schäuble (hier), dass Griechenland 2014 ein drittes Hilfspaket braucht. Angesichts der Notwendigkeit eines Schuldenschnitts (ein Euphemismus für einen Staatsbankrott) ist ein drittes Griechenlandpaket von Anfang an eine Schenkung, denn Kredite kann Griechenland ja nicht zurückzahlen. Wie groß diese Schenkung sein wird, wird vor der Bundestagswahl kaum bekannt gegeben werden. Aber klar ist, dass auch die früheren Griechenlandhilfen mit dem Schuldenschnitt faktisch sehr weitgehend zu Schenkungen werden. Bitte weisen Sie in Gesprächen mit Wählern ausdrücklich darauf hin, dass die Behauptung, Griechenland erhalte weitere Kredite, schlicht falsch ist. Es handelt sich um Schenkungen, da keinerlei Hoffnung auf Rückzahlung besteht.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Bernd Lucke