Hier eine Link-Sammlung, mit der Sie die Anhörung verfolgen können bzw. etwas Konkretes zum Inhalt erfahren:
+++ Wie gefährlich sind die Anleihekäufe der EZB für Deutschland? Gutachter Prof. Sinn: Die möglichen Risiken des Anleihekaufprogramms entsprächen deshalb dem Wert der gesamten Zentralbankgeldmenge, also aller Banknoten und Guthaben der Banken bei den Notenbanken. Ende März lag dieser Wert bei 1363 Milliarden Euro. Er ist laut Sinn gleichzusetzen mit allen Zinseinnahmen im EZB-System – und damit auch die maximale Summe, die die Notenbank bei ihren Anleihekäufen verlieren kann. Beziehe man das Wachstum der Geldmenge mit ein, liege der mögliche Verlust für das Gesamtsystem sogar bei etwa 3,4 Billionen Euro. Für Deutschland würde das etwa 920 Milliarden Euro bedeuten, heißt es in der Stellungnahme, die Sinn dem Gericht vorgelegt hat. (Spiegel)
+++ Hans-Werner Sinn, Präsident des Münchener Ifo-Instituts warnt davor, den bisherigen Weg der Euro-Rettungspolitik fortzusetzen: „Diese Retterei ist außerordentlich gefährlich.“ Durch das von der EZB angekündigte Staatsanleihekaufprogramm OMT werde eine politische „Kettenreaktion“ in Gang gesetzt, die die Verschuldung der Staaten noch verstärke (Handelsblatt)
+++ Sinn sagt, das OMT-Programm sei nichts anderes als eine Versicherung für Staaten (Capital): Wenn die EZB diese kostenlos anbiete, sei das eine Subvention. Wären die Banken vorsichtiger bei der Kreditvergabe gewesen, hätte es die ganze Krise wahrscheinlich gar nicht gegeben. Es sei aber die Politik gewesen, die die Banken durch die Basel-II-Vorschriften zu einer laxen Kreditvergabe angespornt habe
+++ Hans-Werner Sinn in Hochform (Capital): In Griechenland werde eine ganze Generation junger Leute geopfert, nur damit die Gläubiger des Landes nicht ihre gesamten Investitionen verlieren… Er vergleicht die Lage in Europa mit der Schuldenübernahme der amerikanischen Föderation im 19. Jahrhundert. Dies habe zur Pleite einzelner US-Staaten und letztlich zum amerikanischen Bürgerkrieg geführt
+++ Gerichtpräsident Voßkuhle mahnt Sinn, sich bei dessen Lieblingsthema Target2 kurz zu fassen. Bei Target2 geht es um Risiken aus dem europäischen Zahlungsverkehr, die sich nach Sinns Aufassung in der Bilanz der Bundesbank zu gewaltigen Risikon auftürmen (Focus)
+++ Verlangt das Bundesverfassungsgericht womöglich, dass das Mandat der Europäischen Zentralbank neu gefasst wird? (FAZ): Nun wollte Voßkuhle wissen, ob die EZB zu sehr eingeschränkt würde oder gut damit arbeiten könne, wenn sie Kriterien des umstrittenen Anleihekaufprogramms OMT rechtlich festlegen müsse. Asmussen: „Aber wenn Sie versuchen, den Artikel 123 zu regeln (das ist der, der es der Zentralbank verbietet, Staaten zu finanzieren, a.d.Red.) (…) Es gibt wenige Mitgliedstaaten in der Euro-Zone nach meiner Erkenntnis, die eine so hohe Wertschätzung haben für Artikel 123 – aber dann gibt es eine sehr breite Diskussion, was man noch alles ändern könnte, auch am Mandat der Notenbank.“
+++ Voßkuhle fragt nach – Große Diskussion um das Mandat der Europäischen Zentralbank (FAZ): Verlangt das Bundesverfassungsgericht womöglich, dass das Mandat der Europäischen Zentralbank neu gefasst wird? Eine starke Vorgabe wäre dies sicherlich – und einige Beobachter der mündlichen Verhandlung halten dies offenbar für möglich
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der bereits am Dienstag vor dem höchsten deutschen Gericht aussagte, sprach sich am zweiten Verhandlungstag dafür aus, das geldpolitische Mandat der EZB enger zu definieren. Er sei bereit, den Freiraum der Euro-Notenbank einzuschränken, sagte er. Denn aus dem Freiraum resultierten Probleme für die Glaubwürdigkeit der Zentralbank und auch Stabilitätsrisiken
+++ Der Ankauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) ist eher Fiskal- als Geldpolitik, sagte Clemens Fuest, der das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim leitet. – Bedroht sieht Fuest – wie auch viele Kläger – die Budgethoheit des Deutschen Bundestags: Der einzelne Abgeordnete wisse nicht, wie viel Geld die Notenbanken zur Verfügung stellten, wenn er einer Stützungsmaßnahme durch den Rettungsmechanismus ESM zustimme. „Er weiß ja nicht, wie viel Geld er ins Feuer stellt, sondern legt nur den Schalter um.“ (FAZ)
+++ Clemens Fuest, wägt noch einmal ab, ob die Zentralbank bereits mit ihrer Ankündigung von Anleihekäufen Geldpolitik betreibe, oder ob sie nur die Märkte stabilisiert habe. Das sei „eine Grauzone“, sagt Fuest. Voßkuhle fragt, was die Konsequenz aus dieser Analyse sei. „Ist das erlaubt?“, fragt der Präsident. Fuest antwortet: „Ich hatte gehofft, das würde das hohe Gericht entscheiden.“ Lachen im Saal und auf der Richterbank (Capital)
+++ Harald Uhlig von der Universität von Chicago analysiert die Politik aus der angelsächsischen Perspektive. Dort wünscht man sich, dass die EZB endlich die „Big Bazooka“ herausholen möge. Das OMT-Programm werde dort als ein solch große Waffe wahrgenommen. Uhlig sagt aber auch, OMT sei schwer mit den Verträgen von Maastricht zu vereinbaren (Capital)
+++ Verfassungsrichter Müller fragt: „Können Sie sich Bedingungen vorstellen, die das OMT aus dem Verdacht der Staatsfinanzierung bringen?“ Harald Uhlig hält zwei Zettel in die Höhe, die er als Anleihepapiere auf dem Primärmarkt für 20 Euro verkaufen will. „Wie viel Geld würden Sie zahlen, wenn Sie hoffen können, dass Asmussen es Ihnen nachher abkaufen könnte“, fragt Uhlig die Richter… Uhlig sagt auch, dass die Märkte heute schon nicht an die Einschränkungen des OMT-Programms glauben (Capital)
+++ Der Tonfall verschärft sich in Karlsruhe, der Praktiker Asmussen entgegnet den Theoretikern. Als Wissenschaftler hätten sie natürlich die Freiheit, über Krisen und Euro-Austritte etwas leichter zu reden als er, bemerkt er spitz. Die EZB habe aber den Auftrag, solche Szenarien gerade zu verhindern. In der Krise und in einer heterogenen Wirtschaftszone reichten die Standardinstrumente wie die Zinspolitik nicht mehr, um die Stabilität einer Währung zu wahren (Capital)
+++ Starbatty kritisiert recht pauschal: „Unabhängigkeit der Notenbank hieß früher, dass man ihr nicht in ihre Geschäfte hineinreden darf. Heute heißt es, dass man ihr zugesteht, dass sie außerhalb ihres Mandats handeln darf.“ (Capital)
+++ Herta Däubler-Gmelin (SPD) sieht Chancen, dass das Bundesverfassungsgericht der EZB Grenzen setzt (Handelsblatt): „Das Vernünftigste wäre jetzt, dass Karlsruhe sagen würde: Wir wollen, dass die Auflagen, die wir im letzten Urteil gegeben haben, auf den Buchstaben eingehalten werden. Das heißt: Umgehungsmöglichkeiten via EZB ohne Bundestag und ohne Haftungsgrenzen geht nicht. Es geht um das Vertrauen der Bürger in das gesamte europäische Projekt.“
+++ Florian Toncar, FDP-Abgeordneter, spricht für den Bundestag. Toncar sieht keine großen Gefahren durch das OMT-Programm (Focus)
+++ Die Europäische Zentralbank sieht sich in Karlsruhe in die Defensive gedrängt (Handelsblatt): „Wir fühlen uns wie bei einem Auswärtsspiel“, sagte ein EZB-Vertreter am Rande des Verfahrens
+++ Aus Belgien (fast 100% Staatsschulden): Der ehemalige belgische Ministerpräsident Guy Verhofstadt twittert: „Das Verfassungsgericht überschreitet seine Kompetenzen, wenn es eine Lösung der europäischen Schuldenkrise verhindert.“ (Focus)
+++ Der französische EZB-Direktor Benoit Coeure (FAZ): Es sei in Zeiten der Krise aber besonders wichtig, dass die Unabhängigkeit von Zentralbanken bewahrt bleibe. „Das gilt insbesondere für Europa, wo die Zentralbank von 17 Regierungen umgeben ist.“ Es gelte, „überall aufkommenden nationalistischen Versuchungen“ zu widerstehen