Stellen Sie sich vor, Sie spielen Monopoly, Sie haben mehrere Runden lang gespart und kaufen die Schlossallee und die Parkstraße. Ihr Gegenüber hat sein Geld an eine bunte Straßensammlung verballert – und läuft dann auf die Schlossallee. Er kann nicht zahlen. Stattdessen will er bei der Bank ein paar Papierschnipsel hinterlegen, um sich dort frisches Geld zu holen. Wie finden Sie das? Oder er malt sich ein paar Geldscheine mit Filzstiften. Auf jeden Fall ist klar: er hat die Spielregeln nicht kapiert. Genau so läuft es in der Eurozone. So etwas in dieser Art sollen die Richter heute absegnen. Da muss man als EZB-Spieler natürlich dreist auftreten, um überhaupt eine Chance zu haben!
Die Europäische Zentralbank schickt dazu Jörg Asmussen ins Rennen. Jörg Asmussen hat schon für Kanzler Schröder Dinge geregelt, die kein anderer manchen wollte, nämlich Hedgefonds in Deutschland zu legalisieren. Er ist also prädestiniert und jetzt Schäubles ganzer Stolz. Gestern verkündete Asmussen zunächst einmal:
„In Deutschland seien die Zinsen aber nicht nur wegen der EZB niedrig, sondern auch, weil schlicht viel Kapital in das Land fließt, das unter vielen Investoren als einer der sicheren Anlagehäfen der Welt gilt.“ (FAZ)
Herr Asmussen tut so, als habe die EZB mit diesen Kapitalflüssen rein gar nichts zu tun. Sie seien quasi schicksalhaft. Dabei ist es das Euro-System, das diese Kapitalströme erzeugt! Herr Asmussen weiß das natürlich. Aber er möchte im Vorfeld ein paar Nebelkerzen werfen.
Warum fließt griechisches, irisches, portugiesisches Kapital zu uns?
Weil dort noch günstiger Geld zu haben ist als bei uns (Geschäftsbanken bekommen es gegen „Papierschnipsel“ von der Zentralbank quasi geschenkt).Das sind die „Konditionen“:
Gleichzeitig will aber in den Ländern keiner investieren. Die Wirtschaft in den Südländern liegt am Boden, weil die Länder keine eigene Währung haben, die sie abwerten könnten. Die Löhne sind dementsprechend 20-50% zu hoch, die Waren zu teuer für den Export. Wohin also mit dem frischen Zentralbankgeld?
Dieses Geld wird offenbar dazu verwendet, es in den Nordländern in Realwerte einzutauschen (Immobilien, Fahrzeuge usw.). Dadurch schwirrt dann bei uns dieses frisch gedruckte Südländer-Geld herum. Der IWF hat die Kapitalflucht aus den Südländern vor ein paar Tagen offen zugegeben. Herr Asmussen tut aber so, als habe die EZB nichts damit zu tun.
Die Target-Kredite
Gleichzeitig passiert noch mehr: Die südländischen Zahlungsbilanzen verschlechtern sich. Dort fließt ja nur Geld für Konsum hinaus, aber es wird kaum etwas an Waren exportiert. Damit erhöhen sich die Salden im EZB-Target-System. Je mehr Südländer-Geld in unsere Volkswirtschaft fließt ohne dass die Südländer ihrerseits Waren an uns verkaufen, umso höher werden die Kredite, die diese Länder von der Deutschen Bundesbank erhalten.
Die Target-Forderungen stellen den höchsten Verlust-Posten im Fall eines ungeordneten Zusammenbruchs des Euro-Systems dar! Den zweithöchsten Posten machen die direkten KfW-Kredit-Tranchen an Griechenland aus, die wir nach neusten Angaben des IWF abschreiben sollen. Und der drittgrößte Posten kommt aus Draghis Bazooka (Staatsanleihenkäufe durch die EZB). Um die Target-Salden und die Bazooka geht es in der heutigen Verhandlung. Die EZB behauptet jetzt auf einmal, die Summe der Bazooka sei nach oben begrenzt – hat aber vorher in alle Welt hinausposaunt, die Aktion sei ohne jedes Limit!

www.cesifo-group.de/de/ifoHome/policy/Haftungspegel/Germany-s-losses-in-the-case-of-the-euro-s-.html
Da sich die Target-Salden laufend ändern, hier ein Link zu den aktuellsten Zahlen vom 31. März 2013
Stabile Währung?
Asmussen hat im Vorfeld der Verhandlung verraten:
„Als wir das Programm auflegten, stand die Eurozone kurz vor dem unkontrollierten Zerfall“
Das soll wohl die Wichtigkeit der „Bazooka“ unterstreichen, zeigt aber in erster Linie, wie marode das Euro-System nach wenigen Jahren bereits ist. Was macht man NORMALERWEISE, wenn die Statik nicht stimmt und etwas einsturzgefährdet ist? Kontrollierte Sprengung, Schutt wegräumen, fertig. Aber nicht so in der Eurozone. Da kann schon der Schwamm in den Mauern sitzen und trotzdem werden noch Stützbalken gezogen. Weil bisher alles nichts gefruchtet hat, will Schäuble ja jetzt sogar weitere großzügige Kredite aus deutschen Fördertöpfen ins Ausland vergeben, alsbald wird er wohl unsere Spareinlagen durch die „Bankenunion“ verpfänden.
Asmussen richtete gestern noch eine dreiste Warnung an Deutschlands höchstes Gericht:
„Keine Institution handelt im luftleeren Raum. Wenn das Aufkauf-Programm zurückgenommen werden müsste, hätte das erhebliche Konsequenzen“
Natürlich hätte das Konsequenzen: Draghi könnte nicht mehr unser Geld verballern. Über 50 Milliarden Euro haben die Anleihenkäufe der EZB den deutschen Steuerzahler schon gekostet. Und zwar ohne dass sich dadurch die Lage in den Südländern verbessert hätte. Nach wie vor will dort keiner investieren. Wir alimentieren damit nur insolvente Staaten. Und das ist bei weitem nicht der einzige Weg, auf dem wir sie alimentieren. Die anderen Wege (Rettungspakete, ESM) wurden allerdings von unserem unsäglichen Altparteien-Abnickverein durchgewunken und sind angeblich nach oben hin begrenzt – die Bazooka und die Target-Kredite nicht! Sie sind nach oben völlig offen. Sollen die Verfassungsrichter jetzt etwa ein verfassungswidriges Programm und Konstruktionsfehler absegnen, nur damit das große Wurschteln ungehindert weitergeht??? Oder wie stellt Herr Asmussen sich das vor?
Man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Danke Helmut Kohl, Theo Waigel, Angela Merkel und Wolfgang Schäuble. Das habt ihr richtig gut hingekriegt. Wir sind also alle an Bord der Titanic gefangen. Schäuble befindet sich dabei an Unterdeck. Er versucht mit frisch gedruckten Euro Banknoten den Riss in der Bordwand zu stopfen und verkündet: „Wir sind auf einem guten Weg“