Die Kriterien von Maastricht sind ja bereits zu Anfang der Währungsunion von Deutschland und Frankreich gekippt worden (Video). Daher wurde auf Wunsch der Merkel-Regierung ein neuer „Stabilitätspakt“ beschlossen, mit den alten Werten. Das heißt: Die Staatsverschuldung soll 60% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) nicht überschreiten, die Nettoneuverschuldung darf nicht über 3% des BIP liegen. Uns wurde das als etwas Tolle, Neues verkauft.
Die EZB hat zusätzlich die Aufgabe, die Inflation unter 2 % zu halten. Verstößt ein Land gegen die Stabilitätsregeln, soll es ins Defizitverfahren der EU kommen, steht damit unter EU-Spezialaufsicht und muss Strafe zahlen. Die EU-Kommissare quatschen also noch mehr rein. Das will natürlich keiner.
Hier die Zahlen der Eurozone vom 1. Quartal. Sie stammen aus dem Monatsbericht der Deutschen Bundesbank von Mai. In Tabelle 1 sehen Sie Daten zur wirtschaftlichen Kapazität, in Tabelle 2 befinden sich die Daten zum Stabilitätspakt. Sie können auch sehen, dass im Mai noch nicht alle Länder ihre Daten vom ersten Quartal vollständig herausgerückt hatten…
BIP | Industrie-produktion | Kapazitätsaus-lastung Industrie | ||||
Quartale | IV / 2012 | I / 2013 | IV / 2012 | I / 2013 | IV / 2012 | I / 2013 |
Belgien | -0,5 | -2,4 | 75,5 | 76,4 | ||
Deutschland | 0 | -1,4 | -2,1 | -2,1 | 82,2 | 81,5 |
Estland | 3,8 | 1,6 | 4,9 | 70,5 | 70,8 | |
Finnland | -1,5 | -0,2 | -3,2 | 78,3 | 77,4 | |
Frankreich | -0,1 | -0,9 | -3 | -2,7 | 82,3 | 80,9 |
Griechenland | -5,7 | -5,3 | -0,2 | -3,0 | 65,3 | 64,0 |
Irland | 0 | -7,8 | -2,5 | |||
Italien | -2,5 | -7,0 | -4,2 | 68,5 | 68,4 | |
Luxemburg | 1,6 | -6,4 | 66,9 | 62,3 | ||
Malta | 1,1 | 77,2 | 76,2 | |||
Niederlande | -1,2 | -1,7 | 0,4 | 3,6 | 77,0 | 75,9 |
Österreich | 0,7 | -0,6 | 1,1 | 0,1 | 84,9 | 83,5 |
Portugal | -5,4 | -3,7 | -0,5 | 73,5 | 73,9 | |
Slowakei | 0,7 | 4,7 | 2 | 60,7 | 72,3 | |
Slowenien | -3,0 | -2,3 | -0,8 | 77,8 | 78,4 | |
Spanien | -1,9 | -5,7 | -4,1 | 68,7 | 74,6 | |
Zypern | -3,4 | -11,0 | 52,4 | 43,5 |
Arbeitslosenquote | Nettover-schuldung % BIP | Staatsver-schuldung % BIP | Inflation | ||
IV / 2012 | I / 2013 | 2012 | 2012 | 12 Monate | |
Belgien | 8,2 | 8,2 | -3,9 | 99,6 | 1,1 |
Deutschland | 5,5 | 5,5 | 0,2 | 81,9 | 1,1 |
Estland | 9,4 | -0,3 | 10,1 | 3,4 | |
Finnland | 8,1 | 8,2 | -1,9 | 53,0 | 2,4 |
Frankreich | 10,9 | 11,0 | -4,8 | 90,2 | 0,8 |
Griechenland | 27,0 | -10,0 | 156,9 | -0,6 | |
Irland | 14,1 | 14,1 | -7,6 | 117,7 | 0,5 |
Italien | 11,5 | 11,5 | -3,0 | 127,0 | 1,3 |
Luxemburg | 5,5 | 5,7 | -0,8 | 20,8 | 1,7 |
Malta | 6,6 | 6,5 | -3,3 | 72,1 | 0,9 |
Niederlande | 6,2 | 6,4 | -4,1 | 71,2 | 2,8 |
Österreich | 4,8 | 4,7 | -2,5 | 73,4 | 2,1 |
Portugal | 17,5 | 17,5 | -6,4 | 123,6 | 0,4 |
Slowakei | 14,6 | 14,5 | -4,3 | 52,1 | 1,7 |
Slowenien | 9,7 | 9,9 | -4,0 | 54,1 | 1,6 |
Spanien | 26,5 | 26,7 | -10,6 | 84,2 | 1,5 |
Zypern | 13,9 | 14,2 | -6,3 | 85,8 | 0,1 |
(Quelle: Deutsche Bundesbank S. 80 f, Stand Mai 2013)
Schauen Sie sich bitte die Zahlen der nach Deutschland größten Länder einmal genauer an:
- Frankreich hat zu viele neue Schulden aufgenommen, aber Präsident Hollande will sich von niemandem hineinreden lassen
- In Italien liegen Wirtschaftswachstum und Industrie brach, die Gesamtverschuldung liegt bei 127%. Trotzdem wurde Italien soeben aus dem Defizitverfahren entlassen!
- Spaniens Netto-Neuverschuldung und Arbeitslosenquote erreichen griechische Werte. Dass Spaniens Banken marode sind, kommt noch dazu.
In den sogenannten „Geberländern“ oder „Kernländern“ (Deutschland, Finnland, Niederlande, Österreich, Luxemburg) stagniert das Wirtschaftswachstum. Einige Länder sind dort ebenfalls stark verschuldet. Insgesamt müssten sich eigentlich 14 der 17 Euro-Staaten im Defizitverfahren befinden.
Und so sieht das Gefälligkeitsgutachten bzw. „Monitoring“ des DIHK aus, das die WELT heute präsentierte:

WELT-Meldung von heute: „Europas Problemländer kommen bei Defizitabbau und Reformen voran, stellt der DIHK fest“
Zeitungsmeldungen zum abermals gebrochenen Stabilitätspakt:
Aufweichung Stabilitätspakt, Aussetzung Defizitverfahren:
+++ Medien-Echo zu Hollandes Angriff auf die EU-Kommission wegen Stabilitätspakt
+++ Aufgeweichte Regeln: Beerdigt Brüssel jetzt den Euro-Stabilitätspakt?
+++ Hollande will kein “Diktat” der EU-Kommission akzeptieren
+++ EU-Plan zur Schuldenkrise – Gipfel der Verlogenheit: Der EU-Plan zur Aufweichung des Sparkurses ist weder politisch, rechtlich noch moralisch akzeptabel – er löst nicht einmal das Problem der Krise. Die neuen Taschenspielertricks aus Brüssel sind der Höhepunkt der Verlogenheit.
+++ Der Frühjahrsprognose der EU zufolge werden in diesem Jahr mit Frankreich, Spanien und den Niederlanden gleich drei der größten Volkswirtschaften Europas Drei-Prozent-Ziel verfehlen.
+++ Für Frankreich erwartet die Kommission für 2013 und 2014 Defizite von 3,9 und 4,2 Prozent. Im rezessionsgeplagten Spanien sieht es noch düsterer aus. Dort könnten sich laut den jüngsten Prognosen Haushaltslücken von 6,5 und 7,0 Prozent ergeben.
+++ Italien soll aus dem Defizit-Strafverfahren der EU entlassen werden. Das teilte die EU-Kommission in Brüssel bei ihrer jährlichen Überprüfung von Budgetplänen mit. Falls der Schritt von den EU-Finanzministern bestätigt wird, entgeht die hoch verschuldete drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone der drohenden Gefahr von Geldbußen +++ Defizitverfahren wird eingestellt – Italien entkommt den EU-Wächtern
+++ Nach Information der Financial Times sollen auch die Niederlande einen Aufschub bekommen.
+++ Wieder Versprechen gebrochen, Euro wird weiter aufgeweicht: EU will Schuldenregeln für Staatsdefizite aufweichen, siehe auch hier. Da wird es sogar dem sonst so stromlinienförmigen EZB-Asmussen zu bunt: “Man sollte nicht am Stabilitätspakt herumschrauben”
+++ EU: Schuldenregeln lockern
Südländer:
+++ IWF gibt weitere Hilfstranche für Griechenland frei
+++ Spaniens Wirtschaft schrumpft zum siebten Mal in Folge
+++ Sechstes Jahr in Folge Griechenland bleibt in der Rezession
+++ Erneut mehr Flexibilität für Portugal?
+++ Spanische Banken stehen vor neuen Milliarden-Löchern
Nordländer:
+++ Merkel: Banken-Rettung in Frankreich künftig mit deutschem Steuergeld
+++ Hollande provoziert scharfe Kritik aus deutscher Regierung
+++ Berlin giftet gegen Paris: „Frankreich braucht weniger Hollande“
+++ Tauziehen zwischen Merkel und Hollande
+++ Die Deutschen sollen den Karren aus dem Dreck ziehen – EU-Reformempfehlungen für Deutschland:“Deutschland muss Erwerbstätigkeit von Frauen steigern”, weg mit dem Ehegattensplitting, mehr Kinderbetreuung außer Haus
+++ Euro-Kernschmelze setzt ein: Konsum in Frankreich bricht ein, Wut auf Regierung steigt+++ S & P warnt Frankreich vor zu laxer Haushaltssanierung
+++ Frankreichs Präsident Hollande lehnt Einmischung von EU in Haushalt ab: “Die Kommission hat uns nicht zu diktieren, was wir zu tun haben”
+++ Krise in den Kernländern angekommen: Wirtschaftsschwäche macht es Niederlanden schwer im ‘AAA’-Club
+++ Europas starker Norden bricht weg
Wie lange geben Sie dem Euro noch?