Im Parteiprogramm heißt es:
Schluss mit diesem Euro!
Was bedeutet das konkret?
Bernd Lucke hat in einem Interview im Sender Phoenix erläutert, was das konkret bedeutet (→ Link zum Video !!!). Lucke erklärt, dass im Mai 2010 die Schuldenunion begonnen wurde – mit dem Versprechen, binnen drei Jahren würde sich Griechenland so weit erholen, dass man zur Normalität zurückkehren könne. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil: die Krise hat sich ausgeweitet. Problematisch sind nicht nur die steigenden Staatsschulden und Transferzahlungen in der Eurozone, sondern auch die wirtschaftliche Stagnation, die auch die größten Volkswirtschaften erfasst hat (Frankreich negatives Wachstum, Deutschland 0,5%). Dazu die hohe Jugendarbeitslosigkeit, die Massen junger Menschen den Start ins Erwerbsleben und die Familiengründung verstellt und diesem Kontinent eine ungewisse Zukunft beschert.
Prof. Lucke sagt klipp und klar, dass es einige Volkswirtschaften in der Eurozone gibt, die mit dem Euro nicht klar kommen. Eine Fortsetzung der Währungsunion in dieser Form setzt eine dauerhafte Alimentation voraus, die so nie geplant war, also einen Betrug an den zahlenden Bürgern darstellt. Zumal diese Alimentation immer nur einen Tropfen auf den heißen Stein darstellt und nicht die Ursachen der Anpassungsprobleme beseitigt. Im Grunde genommen werden damit nur die vorhandenen Zustände zementiert und marode Banken und Staatshaushalte künstlich gestützt.
Mit dieser Art von Euro muss also Schluss sein. Prof. Lucke sagt, dass dies auch in spätestens fünf Jahren der Fall sein wird, dass dann die Währungsunion unkontrolliert zusammenbrechen würde. Deswegen plädiert er für eine geordnete Auflösung, die durch einen Stopp der Transferzahlungen eingeläutet wird und von Schuldenschnitten in den Problemländern begleitet wird. Nur Länder, deren Volkswirtschaften stark genug sind, sollten danach in der Eurozone verbleiben.
Heute druckt die FAZ ein Streitgespräch zwischen dem sklavischen Euro-Befürworter Dennis Snower und Prof. Lucke ab. Das Gespräch wurde aufgezeichnet und ist hier abrufbar. Zitate aus dem FAZ-Artikel:
Würden Sie heute noch einmal den Euro einführen?
Lucke: Ich würde den Euro keinesfalls einführen, obwohl ich ihn 1999 befürwortet habe. Ich dachte, der Euro könnte einen heilsamen Anpassungszwang ausüben auf Staaten, die ihre Wettbewerbsfähigkeit immer nur durch Abwertungen retten. Aber die Beharrungskräfte waren zu groß. Selbst bei größtem Druck finden nicht genügend strukturelle Reformen statt. Deshalb ist der Euro für ein so heterogenes Währungsgebiet nicht geeignet.
Dennis Snower, der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft würde hingegen den Euro wieder einführen. Allerdings gibt er zu:
Aber mit einem wetterfesten Regelwerk.
Genau das hat aber nicht funktioniert! Bzw. es kann gar nicht funktionieren, weil die Volkswirtschaften viel zu unterschiedlich sind. Die FAZ stellt fest:
Sie sind sich beide einig, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann.
Prof. Lucke erklärt dann, was er vor hat:
Lucke. Nein, nicht Deutschland soll den Euro verlassen, sondern die südeuropäischen Staaten. Das ist viel besser als ein Euro-Austritt Deutschlands. Dann haben die Südländer die Möglichkeit der Abwertung, was ihnen die Chance gibt, wettbewerbsfähig zu werden. Europa leidet an einer Wettbewerbskrise. In den südeuropäischen Ländern sind die Löhne im Verhältnis zur Produktivität zu hoch. Die Firmen sind nicht wettbewerbsfähig, ihre Produkte damit kaum zu exportieren.
Seit Einführung des Euro haben alle südeuropäischen Länder viel, viel mehr importiert als exportiert. Ihre Leistungsbilanzen sind immer defizitär. Zehn Jahre lang haben die Regierungen die Möglichkeit gehabt, dieser gefährlichen Entwicklung entgegenzuwirken. Es ist ihnen nicht gelungen, oder sie waren nicht willens. Niedrige Produktivität und hohe Löhne vertragen sich nicht. Die Löhne in Südeuropa sind um 30 bis 50 Prozent zu hoch. Eine Lohnsenkung in diesem Ausmaß ist nicht zumutbar. So bleibt nur eine Abwertung, und dafür braucht man eine eigene Währung.
Snower gibt zu, dass Lucke recht hat, beharrt aber dennoch auf einem Verbleib aller Staaten in der Währungsunion:
Snower: Ich teile Ihre Analyse, Herr Lucke, aber nicht Ihre Lösung.(…) Wenn es schlecht liefe, könnte sich ein armes südeuropäisches Land mit einer schwachen Währung die zum Aufbau einer neuen Produktionsstruktur nötigen ausländischen Investitionsgüter nicht mehr leisten.
Lucke: Richtig, eine Abwertung schafft nur temporäre Linderung. Aber die kann für strukturelle Reformen genutzt werden. Andernfalls müssen die Staaten irgendwann erneut abwerten.
Snower: Das wirft sie weiter zurück.
Lucke: Keineswegs, es bringt sie nur nicht voran. Einige Länder fanden das früher ganz bequem, immer wieder mal abzuwerten. Aber Sie haben natürlich recht: Ohne strukturelle Reformen bringt das nichts. Doch der Anpassungsdruck, den der Euro Südeuropa abverlangt, ist offenkundig zu groß.
Snower meint, eine Rückkehr zu nationalen Währungen würde ein „Währungschaos“ auslösen. Dazu Prof. Lucke:
Lucke: Warum sollen wir nicht in das Stadium vor der Einführung des Euro zurückkehren? Das Währungschaos, das Sie, Herr Snower, heraufbeschwören, sehe ich gar nicht. Was wäre an mehreren Währungen chaotisch? Vor der Euroeinführung gab es das europäische Währungssystem. Da wurden die festen Währungsrelationen ab und zu angepasst. Es hat doch gut funktioniert. Wenn Griechenland abwerten könnte, hätte es wieder eine Chance.
Die FAZ fragt nach Beweisen für Dinge, die sich längst bewährt haben. Wie in der Grundschule erklärt Prof. Lucke, was es mit einer eigenen Währung auf sich hat. Hier am Beispiel der Türkei:
Lucke: Im Jahr 2001 stand die Türkei ähnlich schlecht da wie Griechenland heute: hochgradig verschuldet und kurz vorm Staatsbankrott. Wir haben damals arrogant gesagt, die Türkei sei nicht reif für die Europäische Union. Aber was ist passiert? Die Türkei hat ihr Schuldenproblem entschärft, sich neue Geschäftsfelder erschlossen und boomt mit ihrer eigenen flexiblen Währung. Warum darf Griechenland nicht denselben Weg gehen?
Snower will das nicht glauben und meint, die Türkei sei ein super Rechtsstaat geworden und habe den Bildungssektor verbessert. Beides stimmt nicht, denn gerade auf diesen Gebieten gibt es Rückschritte in der Türkei, die nicht nur von Menschenrechtlern, sondern auch von der EU gerügt werden! Zum einen ist die Pressefreiheit gesunken, zig Journalisten sitzen im Gefängnis. Gestärkt wurden religiöse Islamschulen statt weltlicher Bildung. Und zuletzt war die Türkei wegen sprunghaft gestiegener Gewalt gegen Frauen in den Schlagzeilen.
Lucke: In Sachen Rechtsstaat und Bildung kann Griechenland es mit der Türkei schon noch aufnehmen. Der Unterschied ist die eigene Währung. Der Unterschied ist auch, dass die Türkei die Hoffnung auf die EU und ihre Gelder aufgegeben hat. Da hat sie ihr Schicksal in die eigene Hand genommen. Griechenland sollte das auch tun – mit eigener Währung und ohne auf dauernde Transfers zu schielen.
Nun fährt Snower dicke Geschütze auf. Er verlässt das Gebiet der sachlichen, ökonomischen Argumente vollständig, hat hier also bereits sein Pulver verschossen. Stattdessen verbreitet er eine populistische Verschwörungstheorie:
Snower: Wir kommen zum Kern. Ich halte den von Ihnen propagierten Mechanismus der Euroauflösung für hochgefährlich. Sie wollen die südeuropäischen Länder de facto zwingen, den Euro aufzugeben. Das wäre die Konsequenz, wenn Deutschland sich nicht mehr am europäischen Rettungsfonds beteiligte. Die Gehässigkeit gegenüber den Deutschen ist jetzt schon groß in Südeuropa, Frau Merkel wird in Nazi-Uniformen abgebildet. Ein erzwungener Ausstieg aber wäre ein Horrorszenario: Sozial, einmal wegen der wachsenden Kluft zwischen reichen und armen Ländern und zum zweiten wegen der internen Kluft in den Ländern selbst zwischen denen, die Euros hätten, und denen, die nur Drachmen hätten.
Lucke holt ihn auf den Boden der Tatsachen zurück:
Lucke: Halt, von Herausschubsen ist keine Rede. Ich will nur zurück zu Buchstaben und Geist der Europäischen Verträge. Darin steht bis heute: Keine Haftung für die Schulden anderer Euroländer. Wenn die Griechen unter dieser Prämisse im Euro bleiben wollen – meinetwegen. Aber ich prophezeie Ihnen: Unter dieser Voraussetzung wollen die Griechen sofort ihre eigene Währung.(…)
Und jetzt halten wir uns einfach an das, was vereinbart wurde: Beim ersten Rettungspaket für Griechenland haben wir Unterstützung für drei Jahre zugesagt. Diese drei Jahre sind um. Danach gab es noch zwei weitere Rettungspakete ohne entscheidende Fortschritte. Immer wieder hat Griechenland die versprochenen Sturkturanpassungen nicht eingehalten. Deshalb ist es legitim zu sagen, jetzt halten wir uns an die Verabredungen. Wer seine Verpflichtungen nicht einhält, darf nicht auf Zugeständnisse rechnen.
Lucke bleibt sachlich und bringt einleuchtende Argumente. Snower spielt einzig sie Klaviartur des „schlechten Gewissens“:
Snower: (…) Jeder Grieche würde sagen, die Deutschen haben uns herausgestoßen.
Doch jeder weiß, dass wir uns nichts vorzuwerfen haben und drei Jahre lang alle möglichen Hilfen gewährt haben. Ergebnis: die Eurozone steht schlechter da als vorher!
Da Snower mit Argumenten nicht weiter kommt, erzählt er Geschichten. Snower scheint ein geübter Horror-Geschichten-Erzähler zu sein:
Snower: In Europa werden zwei Geschichten erzählt. Die Geschichte der Gläubigerstaaten geht so: Die unverantwortlichen Mittelmeerländer stehlen uns unsere Ersparnisse. Die Schuldnerländer erzählen: Europa hat einen neuen Hegemon. Das ist Deutschland. Und Deutschland erzwingt den gesellschaftlichen Zerfall südeuropäischer Länder. Wenn Deutschland jetzt noch den Euroausstieg erzwänge, dann wäre in Europa die Hölle los! Wie man dann noch Harmonie in Europa haben kann, ist mir schleierhaft.
Lucke bleibt wie immer klar in seinen Aussagen – und vor allem bleibt er bei der Realität:
Lucke: (…) Es wird eine kurze Welle des Unmuts geben, aber das geht vorbei. Bei der Hegemoniegeschichte geht es doch um den Vorwurf, wir wollten den Schuldnerländern unser deutsches Wesen aufzwingen. Das ruft den Unwillen hervor. Damit müssen wir aufhören. Ohne Hilfszahlungen gäbe es keine Austeritätsauflagen von fremden Mächten mehr. Es soll doch jeder nach seiner Façon glücklich werden! Wenn die Arbeitsmoral in anderen europäischen Ländern nicht der deutschen entspricht, dann sollen die Leute dort so arbeiten, wie sie wollen. (…)
Wenn die Menschen in diesen Ländern weniger und entspannter arbeiten wollen und dafür weniger Wohlstand in Kauf nehmen, bitte schön. Das eigene Glück zu verfolgen ist doch ein elementares Recht jedes Volks. Wenn wir Deutschen andere Länder respektieren wollen, sollten wir ihnen zugestehen, wieder so zu leben, wie sie es wollen.
Snower besteht auf seinen Horror-Visionen. Und er geht noch weiter und baut wieder ein Erpressionspotential auf:
Snower: Das wäre ja schön, wenn das so gesehen würde. Die Geschichte, die ich in Südeuropa höre, lautet: Wir sollen zu Untertanen Deutschlands gemacht werden. Die Deutschen wollten das immer schon, und jetzt gelingt es ihnen. Wenn Deutschland Hilfskredite blockiert, dann würden die anderen Ländern, das als Akt der Aggression werten.
Lucke kontert diesen Nonsens klar und verständlich:
Lucke: Wenn wir die Länder in Ruhe lassen, indem wir ihnen keine Auflagen mehr machen, dann machen wir sie gerade nicht zu Untertanen. Wir entlassen sie in die Freiheit.
Der FAZ reichen nun auch diese Ausflüge in Snowers destruktive Phantasien und sie fragt:
Herr Lucke, wie funktioniert Ihr Modell des Ausschleichens aus dem Euro denn nun im Detail?
Lucke stellt nun das bereits bewährte System der Parallelwährungen vor:
Lucke: Erinnern Sie sich: Als 1999 der Euro eingeführt wurde, gab es die DM für drei Jahre als Bargeld. Im bargeldlosen Zahlungsverkehr zahlte man aber schon in Euro. Das wurde computerisiert schnell umgerechnet, sodass man es kaum merkte. Jetzt machen wir es ähnlich, nur umgekehrt: Der Euro bleibt als Bargeld bestehen, das heißt alle baren Zahlungsvorgänge geschähen in Euro: Brötchen kaufen, Kaffee trinken. Unbare Zahlungsvorgänge, die Lohn- und Mietzahlungen, das Begleichen von Rechnungen und so weiter, würden in der neuen Währung abgewickelt. Genaugenommen ist diese Währung ein Währungskorb, der sich aus Euro und einer neuen Drachme zusammensetzt, aber das merkt der Kunde nicht. Er weiß, dass man diese Währung jederzeit in Euro tauschen kann und umgekehrt. Größtenteils machen das Bankcomputer automatisch. Ab und zu wertet die griechische Zentralbank die Drachme ab oder verringert den Anteil des Euros am Warenkorb. Parallelwährungen würden einen sanften Übergang ermöglichen.
Snower holt wieder die Brechstange hervor. Bei ihm gibt es anscheinend nur Schwarz-Weiß-Malerei:
Snower: Davon halte ich gar nichts. Ein sanfter Übergang bringt nichts, weil der einzig positive Effekt einer Abwertung in einer schnellen Umstellung liegen kann. Die Schulden des Landes blieben in Euro, müssten aber sofort mit Drachmen bedient werden. Das würde zu einem Schuldenschnitt führen. Den können wir aber ohne Parallelwährung machen. Es würden Zerwürfnisse in der Gesellschaft entstehen mit Lohnempfängern, die nur Drachmen bekämen, und Bankkontoinhabern, die noch Euro hätten. Zudem brauchen die Länder Importe zur Entwicklung einer Wirtschaftsstruktur, die sie sich nicht mehr leisten könnten. Und alle würden Deutschland die Schuld geben.
Lucke: Über das Tempo der Abwertung soll die jeweilige Regierung entscheiden. Sie kann auch alles ganz schnell haben. Wenn man jedoch den vorsichtigeren Weg geht, kann es keine großen Zerwürfnisse geben. Es kommt zu einer kleinen Belebung der Wirtschaft und zu einer kleinen Aufwertung der Schulden. Der Staat erzielt höhere Steuereinnahmen und kann die Aufwertung der Schulden daher verkraften. Gut, da mag der Nettoeffekt null sein. Aber die Privatwirtschaft profitiert von der Abwertung. Auch die Arbeitslosen profitieren. Und weniger Importe, sprich geringere Leistungsbilanzdefizite, waren doch gerade das Ziel.
An dieser Stelle rückt dann Snower mit seinem eigentlichen Anliegen heraus. Er hat sich nämlich einen zentralistischen Automatismus ausgedacht: „atmende Fiskalregeln“
Snower: Wir stehen an einem Scheideweg. Geben wir dem Euro noch einen Chance! Dafür brauchen wir Institutionen, die für alle bindend sind. Ich schlage vor, atmende Fiskalregeln einzurichten. (…) Wenn ein Staat die Regeln verletzt, wird er – automatisch – bestraft: Die Mehrwertsteuer wird automatisch angehoben, die Staatsausgaben werden automatisch mit dem Rasenmäher reduziert. Das trifft die Staaten, so dass sie sich an die Fiskalregeln halten werden.
Die FAZ wendet sofort ein, dass hierbei die Demokratie auf der Strecke bleibt. Das ist nämlich das Grundübel an allen Vorschlägen, die Währungsunion zwanghaft in ein Gebilde mit leicht erhöhten Überlebenschancen zu überführen.
So eine automatische Regel hört sich ziemlich undemokratisch an.
Snower pfleift auf die Demokratie und will die Zwangsbeglückung:
Snower: Aber die Bevölkerungen werden profitieren. (…) Deshalb muss der Staat ähnlich wie in der Geldpolitik von einer unabhängigen Institution gezwungen werden, auf eine konstante Schuldenquote zu kommen.
Lucke hält diesen Plan für unrealistisch. Dass Regeln dauernd gebrochen werden, kennen wir ja schon.
Lucke: Diese Regeln, Herr Snower, werden nicht funktionieren. Wer soll denn ihre Einhaltung überwachen? Die Politiker selbst würden immer Gründe vorspiegeln, warum man ausnahmsweise mal gegen sie verstoßen muss: Man darf im Aufschwung die Konjunktur nicht durch Steuererhöhungen abwürgen und ähnliche Argumente. Also müsste man Brüssel die Kontrolle übertragen. Aber das ist politisch nicht durchsetzbar. Die Bevölkerung würde nicht akzeptieren, in diesem Ausmaß Hoheitsrechte preisgeben zu müssen. Wer will schon nationale Souveränität nach Brüssel übertragen? Die Bevölkerungen könnten ihre eigenen Geschicke nicht mehr bestimmen.
Die FAZ entlarvt den Snower-Plan nun vollständig:
Und wenn ein Land sich nicht an die Regeln hält und die Schulden nicht zurückzahlen kann?
Snower: Dann wird ein Land insolvent, und es gibt einen Schuldenschnitt innerhalb des Euro. Solvenzkriterien haben bisher gefehlt.
Also statt Schuldenunion dauernd Schuldenschnitte. Wie praktisch für alle, die keinen Bock haben, zu sparen! Die FAZ fragt daher:
Wer überwacht das Ganze, dass Regierungen nicht ständig mit einem Ausnahmezustand ihre Regeln brechen?
Snower spinnt sein undemokratisches, marktfernes, utopisches, zentralistisches Machwerk weiter:
Snower: Die Regel wird vom Staat entworfen, aber von einer unabhängigen Institution implementiert, wo so langweilige Leute drinsitzen wie ich, die den Wirtschaftzyklus messen, auf den die antizyklische Fiskalpolitik abgestimmt wird.
Klar, darauf haben wir alle gewartet! Noch eine Institution im EU-Institutionsdschungel! Wieder angeblich total unabhängig. Sollte nicht schon die EZB politisch unabhängig sein??? Lucke bringt Snower auf den Boden der Tatsachen zurück:
Lucke: Das wird alles scheitern. Ich glaube nicht an solch scheinbar unabhängige Gremien, die in Wirklichkeit von der Politik abhängig sind. Das Einzige, was auf die Politik wirkt, ist die disziplinierende Macht der Kapitalmärkte und der Zinsen. Ich glaube nicht daran, dass die Staaten in Aufschwungphasen ihre Schulden reduzieren. Denken Sie an Griechenland: die hatten von 2001 bis 2007 Boomjahre, haben sich aber weiter verschuldet.
Als nächstes fängt Snower wieder an zu dichten, indem er zunächst erzählt, er wolle keine Schuldenunion mehr. Da diese aber mit seinem Plan nicht machbar ist, tut er so, als seien „vorübergehende Hilfen“ notwenig. Auch das kennen wir schon zur Genüge! Lucke bügelt Snowers Phantasien denn auch schnell wieder glatt:
Sind die anderen Staaten zu finanzieller Hilfe verpflichtet?
Snower: Nein, nein. Es soll die No-bailout-Regel wieder eingeführt werden. Europa darf auch für mich kein Haftungsverbund werden; der ESM darf den Staaten kein Geld mehr geben. Allenfalls für eine Übergangszeit von fünf Jahren kann ich mir einen Zinsausgleichsfonds – einen limitierten Transfer der anderen Länder – vorstellen, so lange, bis die Kapitalmärkte sich auf die Geltung der atmenden Fiskalregeln eingestellt haben.
Lucke: Mit einem Zinsausgleichsfonds hebeln Sie wieder die Disziplinierung durch die Märkte aus. Damit ermöglichen Sie noch mehr Verschuldung. Ich finde es ja sehr gut, dass auch Sie gegen den ESM, Haftungsverbünde und Bailouts sind. Aber ein Zinsausgleichsfonds ist nichts anderes als ein Bailout. Das sind ja wieder Transfers, und wenn die fünf Jahre um sind, wird man nach neuen schreien – und sie bekommen.
Als nächstes schwafelt Snower von brennenden Häusern und outet sich als Angsthase:
Snower: (…) Ich habe Angst vor schrecklichen sozialen Zerwürfnissen, wenn wir den Euro abschaffen.
Lucke: Man sollte halt keine Häuser bauen, die leicht brennen – und man sollte darin möglichst auch nicht wohnen. Aber ich finde das Bild schief, denn niemand will abbrennen. Ich sehe Europa eher wie einen Wanderer im Gebirge, der einen abschüssigen Weg geht. Der Weg verengt sich zu einem schwer zu erkennenden Trampelpfad und führt auf einen Abgrund zu. Da ist es Zeit umzukehren, zur letzten Weggabelung zu gehen, und einen besseren Weg zu nehmen.
Man kann echt froh und dankbar sein, dass es in diesem ganzen Euro-Chaos jemanden gibt, der einen kühlen Kopf bewahrt und der ein klares Bild davon hat, zu welcher Gabelung des Irrgartens man zurückkehren muss, um den richtigen Weg zu finden.
Die Argumente, die Snower gebracht hat, entsprechen in etwa denen der Merkel-Regierung. Auch diese setzt krampfhaft auf den Euro inklusive zentralistischen Disziplinierungsautomatismen, die die Demokratie in Europa aushebeln. Dieses Streitgespräch machte daher sehr gut die beiden Konzepte deutlich.
Hat dies auf castellvecchio rebloggt.